Der edle Respekt

Das Leben eines jeden einzelnen Menschen wird durch die Kultur bestimmt, in der er groß gezogen wurde. Den größten Anteil der Erziehung tragen die Eltern bei. Von ihnen lernt jeder die Kultur der Sprache, den Ordnungssinn, Respekt und Arbeitseifer, auch Ehrlichkeit sowie die edle Gesinnung auch im Alltag usw. Den zweitgrößten Einfluss auf den Einzelnen trägt „die Straße“ bei. Diese beiden Einflüsse beteiligten sich hauptsächlich am Gestalten und Formen des einzelnen Charakters.
Bei dieser Erziehung kommt es zu einer natürlichen Erscheinung, die in der Weltgeschichte immer wieder zum Ausdruck kam: „Wie die Eltern – so die Kinder!“ Bei der Studie dieses Phänomens ist ein Progress zu beobachten: Die Kultur der Beziehung geht rapide bergab. Man kann nicht mehr von fehlendem, allgemeinem Respekt sprechen. Die Frechheit ist zu einer überwiegenden Normalität geworden. Sogar Kinder pflegen zu den eigenen Eltern eine grobe, nicht selten vulgäre Frechheit.
Die Eltern beschweren sich deswegen. Jedoch ist das die Frucht der mangelnden Erziehung seit der frühesten Kindheit. Anfangs behaupten die Eltern, dass man mit den ganz kleinen Kindern nicht streng vorgehen darf – später mussten sie erfahren, dass schon ein Säugling mit der richtigen Erziehung konfrontiert werden müsste. Mit einem späteren Nachholen eines strengen Vorgehens ist es dann meistens zu spät!

Diese fehlende Kultur des Respektes hat in besonderem Maße Gott gegenüber Einzug gehalten. Auch hier fängt das Versäumen der richtigen Erziehung schon bei den kleinen Kindern an. In der Absicht, Gottes Charakter der Liebe zu betonen, ist die Beziehung zu Gott so gewählt, dass statt Gottes Ehre zu betonen, Kinder gelehrt werden, sich an Ihn als einen Papa, Freund, Kameraden, Kumpel usw. zu wenden.

„Alles Fleisch sei still vor dem HERRN, denn er hat sich aufgemacht aus seiner heiligen Wohnung!“ (Sacharja 2,17) Wie ist das hier zu verstehen? Am Anfang jedes Gottesdienstes wird um die Gegenwart Gottes gebetet. Man glaubt, dass durch dieses Ritual Gott anwesend ist. In welcher Form weiß kein Mensch, nur so viel, dass es nicht in einer sichtbaren Erscheinung ist. Praktisch heißt es dann – der Raum wird Gott geheiligt. Dem entsprechend gilt eine besondere Kultur des Benehmens – ein höherer Respekt.

Diese Disziplin besteht sowohl für die Erwachsenen als auch für die Kinder. Man kann es mit einem Besuch eines Königs vergleichen. Obwohl sich die Gesellschaft vorher in einer lockeren Gesellschaftsform befand, mit dem Eintritt eines Königs ändert sich im Nu die Atmosphäre des Beisammenseins. Was man als Erstes beobachten kann – es entsteht eine feierliche Stille und alle ziehen die Hände aus ihren Taschen.

Hier ist es wichtig zu bedenken: Alles, was hier die Erwachsenen tun, ahmen die Kinder bedenkenlos nach. Auch sie singen Loblieder mit den Händen in ihren Taschen und plaudern dazwischen. Um ein solches Verhalten zu rechtfertigen, wird behauptet, dass Gott, in Seiner großen Liebe, das Verhältnis zum Menschen als ein Freund, Papa, Kamerad, Chef pflegt – vielleicht auch als ein liebevoller Kumpel usw. Wenn solche Praktiken über längere Zeit andauern, wird es eines Tages zu einer normalen Ethik – Höflichkeit. Es geht so weit, dass die Kinder, vor den Augen ihren Eltern, laut um die Kanzel fangen spielen.

Damit endet eine solche “Erziehung“ noch nicht. Oft können sich aus solchen Kindern die zukünftigen Verbrecher aller Art und Stufen entwickeln.

Was jetzt weitergeschrieben wird, ist keine Utopie oder ein leerer Wunsch. Ich kenne Familien, deren Kinder im Gottesdienst höchstens ein kleines, ruhiges Spielzeug oder einen Bleistift mit einem Stück Papier zum Zeichnen hatten; und wenn sie der Mutti unbedingt etwas sagen wollten, taten sie es kurz und mit einer gedämpften Stimme.

Die Majestät Gottes ist so äußerst erhaben, dass sogar die heiligen, hoch gestellten Engel – die Seraphim – sich in Seiner Anwesenheit wie folgt benehmen: „ … da sah ich den Herrn sitzen auf hohem und erhabenem Thron, und die Säume ⟨seines Gewandes⟩ füllten den Tempel. Seraphim standen über ihm. Jeder von ihnen hatte sechs Flügel: Mit zweien bedeckte er sein Gesicht, mit zweien bedeckte er seine Füße, und mit zweien flog er. Und einer rief dem andern zu und sprach: Heilig, heilig, heilig ist der HERR der Heerscharen! Die ganze Erde ist erfüllt mit seiner Herrlichkeit!“ (Jesaja 6,1-3)
Einen großen Respekt, bei Missachtung sogar mit einer ernsten Bedrohung, fordert auch das zweite Gebot des Sittendekalogs: „Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.“ (2.Mose 20,7)
Es besteht noch ein Grund und ein ernster Anlass, Gott zu respektieren: Bedenkt man, was Gott uns jeden Tag und jede Nacht, jeden Monat und jedes Jahr, immer wieder an Gutem schenkt, dann soll das Herz voll Dankbarkeit und immer aufs Neue einen hohen Respekt, mit liebevollem Herzen, erweisen und entgegenbringen.

Dieser Respekt soll nicht nur durch das direkte Verhalten Gott gegenüber zum Ausdruck kommen. Es soll auch in den verschiedenen Bereichen des Lebens spürbar, sogar sichtbar sein. Auch in der persönlich sauberen Körperpflege, Kultur der Sprache und Klang der Stimme im Alltag, in der Wahl von Freunden, der Nahrung, der Kleidung, der verschiedenen Unterhaltungen, Wohnkultur, anschließend der Sauberkeit und dem Umgang mit der Nachbarschaft usw. soll Respekt vor Gott das Leben bestimmen. Sogar die berufliche Arbeit soll wie für Gott selbst verrichtet werden – als wäre ER der Kunde!
Ein spürbarer und einflussreicher Eindruck entsteht, wenn die Familie jeden Sabbat Morgen feierlich angezogen ihre Wohnung verlässt. Mit all diesem Eindruck wird nicht nur diese Familie selbst beeinflusst, sondern auch die Nachbarschaft, die Mitschüler, Kollegen, Mitarbeiter, die „Straße“. Solche Gottesverehrer sind wie eine Leuchte am dunklen Ort; wie ein anregender Duft eines frischen Waldes. Für den erhabenen Gott, den Walter des ganzen Alls, ein Wohlgeruch auf Seinem Altar.
Gott, in Seiner großen Liebe schenkt für diesen Respekt Ihm gegenüber reichlich Seinen Segen und öffnet das Tor auf die Neue Erde für alle, die die Eigenschaft „Respekt“ gelernt haben. Dieser Respekt ist ein wie anziehender Duft: „Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus und den Geruch seiner Erkenntnis an jedem Ort durch uns offenbart.“ (2. Korinther 2,14)

Bildquellen

  • : unsplash.com - Ben White