Mit großem Interesse höre ich mir Vorträge an, die sich mit der Auslegung der Prophetie beschäftigen. Leider muss ich immer wieder feststellen, dass sich viele Ausführungen wesentlich voneinander unterscheiden und nicht selten widersprechen. Ich habe versucht die Ursache für diese Diskrepanzen zu finden. Nach langem Suchen habe ich festgestellt, dass in den Auslegungen ein System von Normen und Regeln fehlt, das notwendig ist für ein richtiges Ergebnis. Darum habe ich mir solch ein System mit Normen und Regeln gesetzt und nach diesem studiere ich die Bibel.
Regeln für das Studium der Prophetie:
1. Schritt: Die wörtliche Deutung.
Darüber entscheidet das Biblisch-logische-Denken, wobei die Logik ein geniales Geschenk Gottes ist, das ab der Kindheit das ganze Leben hindurch auf Schritt und Tritt gebraucht wird. Wenn etwas logisch nicht haltbar ist, kommt
der 2. Schritt: Die symbolische Deutung.
Ein Beispiel kann es verdeutlichen: In Johannes 4,9 bittet der Herr Jesus eine Samariterin, die gekommen war aus einem Brunnen Wasser zu schöpfen, Ihm zu trinken geben. Es ist logisch, dass hier das reale Wasser aus dem Brunnen gemeint war. Also muss man es wörtlich verstehen. Johannes 4,9.14
Wenn darauf der Herr Jesus sein Wasser anbietet mit der Bemerkung: „Wer von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten“ handelt es sich eindeutig um ein Symbol, denn es gibt kein reales Wasser, das man nur einmal trinken braucht, um für immer keinen Durst mehr zu haben.
Es gibt Ausnahmen, in denen gleichzeitig beide angewendeten Deutungen ihre Berechtigung haben – sowohl die wörtliche, wie auch die symbolische. Diese doppelte Deutung ist beispielsweise bei den Gleichnissen Jesu sinnvoll. Unter dem Samen, den ein Sämann aussät, ist in erster Linie das Saatgut – das Korn zu verstehen. Es bedeutet in diesem Zusammenhang jedoch auch das Wort Gottes, das unter die Menschen ausgestreut wird.
3. Schritt: Kein Wort aus dem Text darf ausbleiben!
Ein Vergleich mit dem Verfahren einer Lochkarte, macht es deutlich warum es so ist, denn je mehr Löcher, desto genauer das Ergebnis.
4. Schritt: Thema und Symbolik bleiben konstant innerhalb der einzelnen Prophetie.
Ein Vergleich mit der Mathematik oder Musik macht es anschaulich.
In der Mathematik, im Bereich der Algebra, arbeitet man mit Buchstaben als Symbolen für bestimmte Zahlen. Dabei gilt eine eiserne Regel: um das richtige mathematische Ergebnis zu bekommen, darf man innerhalb einer Aufgabe die gefundenen Zahlen für die einzelnen Buchstaben nicht ändern. Auch das gesuchte „X“ in einem mathematischen Gleichnis darf nicht geändert werden.
In der Mathematik wird noch eine Regel angewendet – die Prüfung des Ergebnisses. Beispielsweise wird das Ergebnis beim Dividieren durch Multiplizieren überprüft. Sollte es am Ende einer Studie zu einer Diskrepanz kommen, muss die Symbolik von Anfang an geändert werden.
Etwas Ähnliches gibt es in der Musik: Am Anfang jeder Notenaufzeichnung befindet sich ein bestimmter Schlüssel, der das richtige Lesen der Noten bestimmt. Bei einer mutwilligen Änderung des Schlüssels erklingt zwar auch eine Melodie, die aber der vom Komponist geschriebenen nicht entsprechen wird – sie wird falsch klingen.
Das Gleiche gilt beim Studium jeglicher biblischen Prophetie. Hält man die oben genannten Regeln nicht ein, kann man nicht zu einer wahren Erkenntnis kommen.
Auch eine wichtige Regel beim Studium der Prophetie:
Um sich bei der Deutung nicht zu verlieren, muss permanent der rote Faden verfolgt werden. Z.B.: Bei den sieben Gemeinden, in der Offenbarung des Johannes, muss stets vor Augen stehen, dass es sich um die Geschichte und den Zustand der Gemeinde Gottes in den jeweiligen Epochen handelt; Bei den Sieben Siegeln um die Geschichte und den Zustand des Evangeliums in einzelnen Zeiträumen; Bei den sieben Posaunen um die Warnsignale Gottes in den zeitweiligen Zeitabschnitten usw. usf.
Zum Studium der biblischen Prophetie noch dies: Es sind Prophezeiungen, die mit verschiedenen Zahlen verbunden sind die jedoch nach dem biblischen Prinzip – Tag für Jahr – Berechnung, das gleiche rechnerische Endergebnis geben. Z.B: Zeit, Zeiten und halbe Zeit – 42 Monaten – 1260 Tage. Es stellt sich die Frage: Warum ist das so kompliziert in der Bibel geschrieben?
Es sind Prophezeiungen die sich mehrmals erfüllt haben und sich weiterhin erfüllen – mal in kleineren und mal im größeren Ausmaße des Geschriebenen Textes. Auf diese Weise, der verschiedenen Zahlen von angeblich gleichem Wert, werden, im detaillierten Studium, nicht nur ein und denselben Abschnitt der Weltgeschichte sondern gleichzeitig mehrere erleuchtet.
Warum ist es so geschrieben hat seine Ergründung. Wie bekannt, wiederholt sich die Geschichte, und, die Weltgeschichte ist so reich an Ereignissen, dass, wenn für jede eine extra geschriebene Prophetie sein sollte, müsste die Bibel wesentlich dicker sein. Man kann als Beispiel die Prophetie von den 2300 Abend-Morgen oder das Kapitel 24 im Matthäusevangelium nennen. Die erste hat sich im kleineren Ausmaß zur Zeit des Antiochos IV. Epiphanes, in den Jahren 168 – 164 v. Chr., d.h. in nur 2300 tatsächlichen Tagen erfüllt, aber auch in der langen Zeit zwischen den Jahren -476 und +1844. Die zweite genannte Prophetie hat sich im Kleinen zur Zeit der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 der Neuzeit erfüllt, um dann, in der Endzeit, sich im vollen Ausmaß zu entwickeln.
Über die Prophetie sagt die Bibel auch folgendes: „Denn wir erkennen stückweise, und wir weissagen stückweise. Wenn aber das Vollkommene kommt, wird das, was stückweise ist, weggetan werden. (1.Korinther 13,9.10)
Es ist unmöglich, genaue Angaben für die Erfüllung der Prophetie vorher festzusetzen. Was man aber erkennen kann, ist der Trend der Entwicklung, der zu einem bestimmten Endziel führt. Ein Vergleich mit den Meilensteinen auf der Autobahn, die bekannt sind wie die biblisch belegten Marksteine der Prophetie, macht es anschaulich. Bevor man aber die einzelnen Meilensteine passiert, ist ihre Umgebung nicht genau erkennbar. Erst wenn man sie passiert hat, wird das Bild ganz deutlich. So verhält es sich auch mit den Marksteinen der Prophetie, die auch beim Passieren erst ganz deutlich werden.
So ist also das Studium der Prophetie ein Stückwerk, bei dem nicht alles sogleich verstanden wird. Erst wenn sich der gefundene Teil der Prophetie vor unseren Augen erfüllt, wird das vorher Gelernte vollständig klar. Um aber beim Studium weiter zu kommen, müssen noch nicht ganz verständliche Stücke im Glauben angenommen werden. Darum: „Die Weissagung ist nicht für die Ungläubigen, sondern für die Gläubigen.“ (1. Korinther 14,22)
Beim Bibelstudium ist weitere Regel gültig, die man sachlich und verantwortungsvoll beachten muss – es ist die schwerste Regel – der Kontext!
In ihrem Sinne unterliegt das „Wort“ dem Kontext eines „Satzes“; ein Satz dem Kontext eines „Abschnittes“; der wiederum dem Kontext der „ganzen Bibel“. Ein Beispiel:
Die Bibel unterscheidet zwischen mehreren Gesetzen. Um welches es sich gerade handelt, entscheidet der Kontext:
„Wo bleibt nun das Rühmen? Es ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz? Durch das Gesetz der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens. So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.“ (Römer 3,27.28)
„So ist das Gesetz unser Zuchtmeister gewesen auf Christus hin, damit wir durch den Glauben gerecht würden.“ (Galater 3,24)
„Denn Christus ist des Gesetzes Ende, zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt.“ (Römer 10,4)
Im Kontext der Bibel handelt es sich hier eindeutig um das Zeremonielle Gesetz.
Ein anderes Beispiel für einen Kontext:
Menschen, die an die Unsterblichkeit der Seele glauben, berufen sie sich auf die Bibel; unter anderem auf das Gespräch am Kreuz zwischen dem Herrn Jesus und dem Schächer: „Da antwortete ihm Jesus: Ich versichere dir: Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ (Lukas 23,43)
Im Kontext der Bibel weiß man, dass an diesem Tag diese beiden gestorben sind, und dass nach drei Tagen der Herr Jesus von dem Tod auferstanden ist. An diesem dritten Tag sagte Er zur Maria: „Jesus spricht zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater.“ (Johannes 20,17)
Wenn man im Kontext dazu noch folgende Bibelstelle betrachtet: „Denn die Lebenden wissen, dass sie sterben werden, die Toten aber wissen nichts; … für immer haben sie keinen Teil mehr an allem, was unter der Sonne geschieht.“ (Prediger 5,5.6) ist es offensichtlich, dass die meisten Übersetzer, im obigen Vers bei Lukas, den Doppelpunkt (das Komma) falsch gesetzt haben.
Also gibt es nach dieser kleinen Ausführung eindeutig keine unsterbliche Seele. Zu diesem Ergebnis hat der Kontext geführt.
In Berufung auf andere Stellen der Bibel, z.B. im Falle des Lazarus, die scheinbar von lebendigen Seelen sprechen, man muss sich immer bewusst sein, dass sich die Bibel nicht widersprechen kann, denn es ist das Wort Gottes. Wieder kann das Studium im Kontext helfen.
Indem der Herr Jesus in Bildern gesprochen hat (Matthäus 13,34), sind solche Stellen, wie über Lazarus, als Metapher zu verstehen.
Weil jede wahre Prophetie von Geist Gottes angegeben ist, ist derselbe Geist nötig um die Deutung richtig zu verstehen. So steht allen diesen Regeln ein ernstes und demütiges Gebet in Voraus!!!