Jakob – Ein Betrüger?

Über Jakob, den Sohn Isaaks, wird gesagt, er sei ein Betrüger gewesen. In diesem kurzen Artikel soll gezeigt werden, wie seine Einstellung zum Leben tatsächlich war. Um diesen Gegenstand besser zu verstehen, vorerst aus seiner Vorgeschichte.

Ein prächtiger Plan Gottes mit den Nachkommen Abrahams:

„Bleibe (Isaak) als Fremdling in diesem Lande (Palästina), und ich will mit dir sein und dich segnen; denn dir und deinen Nachkommen will ich alle diese Länder geben und will meinen Eid wahr machen, den ich deinem Vater Abraham geschworen habe, und will deine Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel und will deinen Nachkommen alle diese Länder geben. Und durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden!“ 1.Mo 26,3.4

Ein edler Wunsch Jakobs

Ein Zitat aus dem Buch „Patriarchen und Propheten“, S.155, von E. G. White:

„Jakob wusste durch die Mutter von der göttlichen Ankündigung, dass ihm das Erstgeburtsrecht zufallen sollte. Und er war von unsagbarem Verlangen nach den Vorrechten erfüllt, die ihm damit übertragen würden. Nicht, dass er nach dem Reichtum des Vaters strebte; das Ziel seine Sehnsucht galt vielmehr dem geistlichen Erstgeburtsrecht. Mit Gott in der Weise zu verkehren, wie es der gerechte Abraham erlebt hatte, das Versöhnungsopfer für die Familie darzubringen, der Ahnherr des erwählten Volkes und des verheißenen Messias zu sein – das waren Gnadengaben, die er sich brennend wünschte. Sie schlossen ja das Erbe der unvergänglichen Besitztümer und den Segen des Bundes ein. Seine Gedanken gingen immer wieder in die Zukunft, und er trachtete nach ihren noch verborgenen Segnungen.“ Dies war der edle Wunsch Jakobs, der anscheinend seine Gedanken andauernd begleitet hat.

Im 1.Mose 25,27 lesen wir über Jakob, je nach Übersetzung, dass er ein gesitteter, stiller, schlichter, ruhiger, untadeliger und sittsamer Mann war. Demnach, wurden ihm nur positive Eigenschaften zugeteilt. Sollte solch ein tugendhafter Mensch gleichzeitig Betrüger heißen?

Über Jakob ist eine merkwürdige Aussage Gottes zu lesen: „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.“ Rö 9,13 Und das schon vor seiner Geburt. Gott wusste, dass man aus Jakob einen charakterstarken Mann machen konnte. So war er ein guter Kandidat für die Schule Gottes. Sie sollte ihn vorbereiten, einmal Vater der Nation Israel – des Volkes Gottes – zu werden.

Der Grundgedanke war:

Jakob sehnte sich sehr nach dem einmaligen Segen Gottes, den der Erstgeborene durch seinen Vater erhalten konnte. Diesen Segen sollte jedoch sein Bruder Esau erhalten. Im Folgenden werden hier drei Vorkommnisse gezeigt, aus denen Jakob lernen sollte.

Das erste Vorkommnis

Wie war es tatsächlich mit dem Kauf des Erstgeburtsrechts zwischen Jakob und Esau? (1.Mose 25):

Als der hungrige Esau ihn um Essen bat, nutzte Jakob die Gunst der Stunde aus, indem er sagte: „Verkauf mir dein Erstgeburtsrecht und ich gebe dir Linsensuppe und Brot dazu“. Mit einem Schwur bekräftigt, verkaufte Esau freiwillig sein Erstgeburtsrecht an seinen Bruder Jakob. Er verachtete es, ein Träger der Verheißung zu sein und den göttlichen Segen zu empfangen!

Jakob war sehr zufrieden mit dem Austausch. Er bekam den Teil, den er sich so sehr wünschte und den er über alles wertschätzte. Er glaubte den Verheißungen Gottes, die Abraham gegeben worden waren. Wundert es, dass Gott sagte: „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.“ So war dieser Akt kein Betrug, sondern eine ehrliche Abmachung zwischen den beiden Brüdern.

Das zweite Vorkommnis:  (1.Mose 27)

Bei dem Akt der Segnung Isaaks an den Jakob, geht es tatsächlich um einen Betrug und eine Lüge Jakobs. Was aber war der Hintergrund dieses Verhaltens?

 Jakobs Mutter hatte mitbekommen, dass Isaak den väterlichen Segen an Esau und nicht an Jakob aussprechen wollte. Sie wollte es verhindern, indem sie Jakob überredete, vor dem blind gewordenen Vater den Esau zu spielen. Anfangs wehrte sich Jakob heftig, dies mitzumachen, aber dann gab er auf.

 „Jakob aber sprach zu seiner Mutter Rebekka: Siehe … da würde ich in seinen (Vaters) Augen als ein Betrüger erscheinen; so brächte ich einen Fluch über mich und nicht einen Segen! Da sprach seine Mutter zu ihm: Dein Fluch sei auf mir, mein Sohn! Gehorche du nur meiner Stimme,…!“ 1.Mo 27,11-13

 Jakob geriet in eine Seelennot  – eine Zwickmühle: Sollte er Gott oder seiner Mutter gehorchen? Er gehorchte seiner Mutter. War ihm hier bewusst, dass in solchen Situation gilt: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“? Apg 5,29

Das dritte Vorkommnis: (1.Mose 30)

Im dritten Vorfall wird dem Jakob wieder ein Betrug unterschoben.

„Jakob sprach zu seinem Schwiegervater (Laban): Du weißt, wie ich dir gedient habe, und was aus deinem Vieh unter meiner Pflege geworden ist. Er (Laban) sprach: Was soll ich dir denn geben? Jakob sprach: Ich will heute durch alle deine Herden gehen, und du sollst daraus alle gesprenkelten und gefleckten Schafe absondern, auch alle schwarzen unter den Schafen und alle gefleckten und gesprenkelten Ziegen; und das soll mein Lohn sein. Da sprach Laban: Gut; es sei so, wie du gesagt hast!

 … Da nahm Jakob frische Ruten von Pappeln, Mandel- und Platanenbäumen und schälte weiße Streifen daran, indem er das Weiße an den Ruten bloßlegte. Und er legte die Ruten, die er abgeschält hatte, in die Tränkrinnen, in die Wassertränken, wohin die Herde zum Trinken kam, gerade vor die Tiere hin. Sie waren aber brünstig, als sie zur Tränke kamen. So empfingen die Herden angesichts der Ruten, und sie warfen Gestreifte, Gesprenkelte und Gefleckte Tiere.“ 1.Mo 30,29.31.32.34.37-39.41 Hat hier Jakob seine Erfahrung als Hirte ausgenutzt, oder war dies ein Wunder Gottes?

Auch hier handelte es sich nicht um einen Betrug Jakobs. Es existierte eine klare Abmachung zwischen ihm und Laban.

Und dennoch:

Im 1. Mose 27,35.36 steht geschrieben: „Er (Isaak) aber sprach: Dein Bruder ist mit List gekommen und hat deinen Segen weggenommen! Da sprach er (Esau): Er heißt mit Recht Jakob; denn er hat mich nun zweimal überlistet!“

An der Stelle muss zwischen List und Betrug unterscheiden werden. Ein Betrug ist eine direkte Lüge. Bei der List wird die Gunst der Lage ausgenutzt. Sowohl Esau wie auch Laban haben leichtsinnig gehandelt. Jakob hätte sie zwar auf ihr falsches Handeln aufmerksam machen können. So weit aber war er bei der Gestaltung seines Charakters noch nicht. Er, der nach dem Plan Gottes der Vater des Volkes Gottes sein sollte, musste erst durch eine harte Schule gehen.

Hat Gott den Jakob tatsächlich geliebt?

Bedenken wir: Gott hatte Jakob schon vor der Geburt lieb. Warum hat Er denn nicht veranlasst, dass er der Erstgeborene wäre? All dieses Leid hätte ihn nicht getroffen: Eine plötzliche und endgültige Trennung von Vater und Mutter; von seiner Heimat, mit all den Bekannten und Freunden; allein auf der Flucht in ein fremdes Land; zwanzig Jahre harter Arbeit usw.

„Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm zurechtgewiesen wirst! Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.“ Heb 12,5.6

Jakob hat diese harte Schule gut bestanden. Er hat sich nicht bei Gott beklagt, dieser hätte ihn verlassen. Sein größtes Erlebnis war der Kampf mit dem Engel Gottes: „Und der Mann sprach: Lass mich gehen; denn die Morgenröte bricht an! Jakob aber sprach: Ich lasse dich nicht, es sei denn, du segnest mich!“ 1.Mo 32,27

Jakob hat sein ganzes Leben vom Segen Gottes abhängig gemacht. Jedoch, um diesen Segen hat er nicht nur sehnsüchtig gebetet, sondern auch „Hand“ an dieses Werk gelegt. Anfangs war diese Hand rau, aber in der genannten Schule wurde seine „Hand“ – Handeln – immer vornehmer, und allmählich tauglich ein Vater des Volke Gottes zu sein.

Und wie ist es mit dir, lieber Leser: Liebt dich Gott tatsächlich? Warum veranlasst oder bewirkt Gott in unserem Leben dies und jenes nicht im Voraus? Wie würde man gerne  vor mancher Bitterkeit verschont werden! In manche Zwickmühle würde man nicht gedrängt!

Gott braucht Männer und Frauen, Väter und Mütter, Alte und Junge die, aufgrund ihrer Erfahrungen fähig sind, Sein Reich des Friedens vorzuleben, so wie später auch der Jakob, in seiner Reife, gelebt hat.