Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Inhalt des 10. Kapitels im biblischen Buch Daniel. Es beinhaltet keine Geschichte, kein Ereignis, auch keine Prophetie, wie die restlichen Kapitel des Buches. Einen völlig anderen Charakter zeichnet den Inhalt dieses Kapitels aus. Was ist dort so Wichtiges, dass darüber extra geschrieben wurde?
Um es richtig auszulegen, müssen erst Personen oder Wesen, die in diesem 10. Kapitel vorkommen, charakterisiert werden. In den Versen 5 und 6 erscheint ein Mann dessen Name nicht erwähnt wird. In den Versen 13 und 21 erscheint ein anderer Mann namens „Michael“. Wer sind diese beiden Personen? Hier hilft ein Vergleich der hier „namenlosen“ Person mit einer näher bezeichneten Person im Buch Offenbarung. Es ist wichtig diese beiden Stellen Daniel 10,4-6 und Offenbarung 1,12-18 präzise zu vergleichen.
Zuerst Daniel 10,4-6: „Am 24. Tage des ersten Monats nun befand ich mich am Ufer des großen Stromes, nämlich des Hiddekel (Tigris); und als ich dort meine Augen aufschlug und Umschau hielt, sah ich da einen Mann stehen, der in Linnen gekleidet war … sein Gesicht leuchtete wie Blitzesschein und seine Augen wie Feuerflammen; seine Arme und Beine funkelten wie poliertes Erz; und wenn er redete, klang der Schall seiner Stimme wie das Tosen einer Volksmenge.“
Jetzt der Vergleich mit Offenbarung 1,12-18: „Und ich wandte mich um, zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. … Und ich sah einen; der war einem Menschensohn gleich, der war angetan mit einem langen Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel. … und seine Augen wie eine Feuerflamme und seine Füße gleich glänzendem Erz, wie im Ofen durch Feuer gehärtet, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen; … sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht. … Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades.“
Diese Person der Offenbarung 1 ist eindeutig der Herr Jesus, der Sohn Gottes. Dem entsprechend muss es sich bei der namenlosen Person um jemand anderes handeln, denn diese gleicht nicht in allen Einzelheiten der Beschreibung des Herrn Jesus.
Folgende Aussage ähnelt auffallend der Szene des oben zitierten Textes von Daniel Kapitel 10,4-6 „Und ich hörte eine Menschenstimme zwischen den Ufern des Ulai, die rief und sprach: Gabriel, lass diesen die Erscheinung verstehen! Und er trat an den Ort, wo ich stand; und als er herantrat, erschrak ich und fiel nieder auf mein Angesicht.“ (Daniel 8,16.17)
Nun vergleichen wir noch diese Aussage: „Und während ich noch redete im Gebet zur Zeit des Abendopfers, rührte mich der Mann Gabriel an, den ich am Anfang in der Vision gesehen hatte, als ich ganz ermattet war. Und er wusste Bescheid, redete mit mir und sagte: Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, um dich Verständnis zu lehren.“ (Dan 9,21.22) Durch diese Vergleiche wird klar, dass der namenlose Mann der Erzengel Gabriel ist.
Eine weitere dritte Person erscheint in diesem 10. Kapitel, im 12. und 13. Vers: „Ich hatte mich um deines Gebets willen aufgemacht, um zu kommen; aber der Schutzengel des Perserreichs stellte sich mir einundzwanzig Tage lang entgegen.“ Andere Übersetzungen sprechen von einem „Engelfürst des Perserreichs“.
Wer ist dieser Schutzengel bzw. Engelfürst des Perserreichs? Das wird im Buch Hesekiel, Kapitel 28 erklärt. In diesem Kapitel kommen zwei Personen vor. Ab Vers 1: „Weissagung über den Fürsten von Tyrus.“ Ab Vers 11: „Klagelied über den König von Tyrus“
In früheren Zeiten hatten Nationen keinen direkten König, sondern nur einen Vertreter – einen Fürsten, der Priester eines unsichtbaren Gottes war. Dieser Gott war der eigentliche König der jeweiligen Nation. So war es lange Zeit auch bei dem Volk Gottes – den Israeliten. Es stellt sich die Frage nach dem König – dem Gott des Perserreichs.
Im Hesekiel, 28,11-19, steht folgendes geschrieben (hier gekürzt): „Und das Wort des HERRN geschah zu mir so: Menschensohn, erhebe ein Klagelied über den König von Tyrus und sage ihm: So spricht der Herr, HERR: Du warst das vollendete Siegel, voller Weisheit und vollkommen an Schönheit, du warst in Eden, dem Garten Gottes; … Du warst ein mit ausgebreiteten Flügeln schirmender Cherub, … Vollkommen warst du in deinen Wegen von dem Tag an, als du geschaffen wurdest, bis sich Unrecht an dir fand. … Und ich verstieß dich vom Berg Gottes und trieb dich ins Verderben, du schirmender Cherub … Ich habe dich zu Boden geworfen, habe dich vor Königen dahingegeben, damit sie ihre Lust an dir sehen.“
Es ist damit offensichtlich, dass mit dem Engelfürst oder Schutzengel des Perserreiches Satan gemeint ist, der sich für seinen Rauswurf aus dem Himmelreich an den Erdbewohnern rächte und es ihnen heimzahlte, indem er sie boshaft verführte.
Also haben wir im 10. Kapitel des Buches Daniel vier Personen, bzw. Wesen: Den Israeliten Daniel, den Herrn Jesus als Erzengel Michael, den Erzengel Gabriel, als Mann bezeichnet, und den Satan als Schutzengel des Reichs der Perser. Diese vier Personen weisen verschiedene Macht, Kraft und Majestät auf.
Als der Erzengel Gabriel sich Daniel nahte, heißt es im Kapitel 10, Vers 7: „… Aber nur ich, Daniel, allein sah die Erscheinung. Die Männer, die bei mir waren, sahen die Erscheinung nicht; doch fiel eine große Angst auf sie, und sie flohen und versteckten sich. (V.8) … Und es blieb keine Kraft in mir, und meine Gesichtsfarbe veränderte sich an mir bis zur Entstellung, und ich behielt keine Kraft; Ich lag betäubt auf meinem Gesicht, mit meinem Gesicht zur Erde. (Später) stand ich zitternd auf.“ So schwach wurden Daniel und seine Leute als sie dem so mächtigen Erzengel Gabriel begegneten.
Wie mächtig war der Engelfürst oder Schutzengel des Perserreiches? (V.13) „Aber der Engelfürst des Königreichs Persien stand mir 21 Tage entgegen.“ Laut dieser Aussage müsste der Engelfürst Persiens mindestens so mächtig und stark gewesen sein wie der Erzengel Gabriel. Aber dann kam der Erzengel Michael dazu – der Herr Jesus. (V.13) „Und siehe, Michael, einer der ersten Engelfürsten, kam, um mir zu helfen, und ich wurde dort entbehrlich bei den Königen von Persien.“ Dank der Überlegenheit Michaels über den Satan, konnte Gabriel weiter zu Daniel fliegen, um den Auftrag seiner Mission zu erfüllen.
Nach diesen Erklärungen der verschiedenen Personen, kann man den Zusammenhang des 10. Kapitels des Buches Daniel richtig verstehen.
Der Erste Vers spricht von der Zeit und dem Ergebnis des Geschehens. „Im dritten Jahr des Kyrus, des Königs von Persien, wurde dem Daniel, der Beltschazar genannt wurde, ein Wort offenbart. … Und er verstand das Wort, und Verständnis wurde ihm in der Erscheinung zuteil.“
Im zweiten Vers wird die Vorgeschichte aufgezeigt, deren Anfang eine gewisse Zeit zurückliegt. „In jenen Tagen trauerte ich, Daniel, drei volle Wochen. (4) Und am vierundzwanzigsten Tage des ersten Monats war ich an dem großen Strom Tigris (5) und hob meine Augen auf und sah, und siehe, da stand ein Mann, der hatte leinene Kleider an und einen goldenen Gürtel um seine Lenden.
(V.12) „Und er sprach zu mir: Fürchte dich nicht, Daniel! Denn vom ersten Tag an, als du dein Herz darauf gerichtet hast, Verständnis zu erlangen und dich vor deinem Gott zu demütigen, sind deine Worte erhört worden. Und um deiner Worte (des Gebets) willen bin ich gekommen.“
Eine passende Parallele: „Am Anfang deines Flehens ist ein Wort ergangen, und ich bin gekommen, um es dir mitzuteilen. Denn du bist ein Vielgeliebter.“ (Daniel 9,21.23) Ein auffallender Hinweis in beiden Texten: Daniel betete 21 Tage lang – Gabriel wurde 21 Tage lang durch Satan aufgehalten.
Was begehrte Daniel so sehr zu wissen, dass er dafür 21 Tage lang betete und fastete? Das deckt die Aussage Gabriels auf, der ihn besuchte. (V.14) „Und ich bin gekommen, um dich verstehen zu lassen, was deinem Volk am Ende der Tage widerfahren wird; denn noch gilt die Vision für ferne Tage.“
In dieser Zeit bekam Daniel eine Vision über die Zukunft seines Volkes, die er aber nicht verstand. Auf Grund der Prophetie Jeremias glaubte er, dass die 70 Jahre der Gefangenschaft seines Volkes zu Ende gehen müsste. Dann aber hörte er in der neuen Vision, dass diese angeblich 2.300 Jahre andauern sollte. Gänzlich verwirrt und bestürzt, fastete und betete er intensiv für sein Volk. Diese neue Vision befindet sich im 8. und 9. Kapitel
Was ist der Sinn und welche Lehre vermittelt das 10. Kapitel? Dieses Kapitel weist auf einen kosmischen Kampf hin, an dem nicht nur mächtige Wesen der Himmelswelt sondern auch die Wesen der Welt der Finsternis Teil haben, aber auch der schwache Mensch mit einbezogen ist.
„Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der Himmelswelt.“ (Epheser 6,12) – (V.21) „Und es gibt keinen Einzigen, der mir gegen jene mutig beisteht als nur Michael, euer Fürst.“
In diesem Kapitel kommt zum Vorschein, dass Satan ein besonderes Interesse hat, den Zutritt zu der biblischen Prophetie zu verhindern, sie zu studieren und richtig zu verstehen. Viele Christen wissen zwar, dass solche Weissagungen in der Bibel sind, aber widmen sie ihnen Zeit, um sie zu studieren und zu verstehen? Ist Satans Plan gelungen, das Interesse an der Prophetie zu verderben?
Warum liegt dem Satan so sehr daran, dass die Menschen die Prophetie der Bibel nicht betrachten und verstehen sollen? „Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben finden auf der Erde?“; heißt es in Lukas 18,8.
Es sind drei Objekte, die den Glauben an einen Gott des Himmels stärken: Das Betrachten der Natur, persönliche Gebetserfahrungen und sich erfüllende Prophetie. Das löste den mächtigen Widerstand des Engelfürsten des Perserreichs gegen den beauftragten Mann Gabriel aus, der Daniel eine Erklärung der Prophetie über sein Volk Israel bringen sollte.
„Und ich bin gekommen, um dich verstehen zu lassen, was deinem Volk am Ende der Tage widerfahren wird; denn noch gilt die Vision für ferne Tage.“ (Daniel 10,14) „… doch will ich dir mitteilen, was im Buch der Wahrheit aufgezeichnet ist, und es gibt keinen Einzigen, der mir gegen jene mutig beisteht als nur Michael, euer Fürst.“ (Daniel 10,21)
Demnach liegt es dem Herrn Jesus sehr daran, mit Hilfe der Prophetie den Glauben seines Volkes zu stärken und es sogar damit zu retten, denn der Glaube ist grundsätzlich die Voraussetzung dafür, Gott zu gefallen und im Gehorsam Ihm zu folgen. Diese Erfahrung hat einst der vorbildliche Abraham gemacht. „Abram glaubte dem HERRN, und das rechnete ER ihm zur Gerechtigkeit.“ (1.Mose 15.6)