„Es wird hinfort keine Zeit mehr sein!“

In diesem Artikel geht es um den obigen Satz aus Offenbarung 10,6. Das Wort „Zeit“ ist ein Begriff mit verschiedener Sinngebung. So gibt es z. B. eine Zeit des Tages und Jahres, Zeit der Freude oder des Trauerns, auch Jugendzeit, Schulzeit oder Mahlzeit gehören dazu sowie auch prophetische Zeiten mit Zahlenangabe und Datum usw. Um welche Zeit es sich in dem obigen Vers handelt, weiß man nicht sofort, denn sie steht dort ohne eine Hinzufügung, die sie bestimmen könnte.

Im Allgemeinen wird diese Botschaft folgendermaßen gedeutet: Die erwähnte Zeit soll als eine prophetische Zeit, als ein bestimmtes Datum, verstanden werden. Man deutet diese Zeit als die allerletzte prophetische Zeit der Bibel, als den Tag am 22,10.1844. Nach dieser Zeitangabe gäbe die Bibel kein Datum mehr an, wird allgemein geglaubt. In diesem kleinen Artikel wird diese Lehre sorgfältig überprüft.

Auf der Suche nach der richtigen Deutung kann der Kontext – der Zusammenhang mit dem Rest des Kapitels sowie der Vergleich mit der Weltgeschichte helfen. Wir fangen mit dem Letzteren an. Wie allgemein bekannt, verläuft die Weltgeschichte wellenartig – die Dinge kommen und gehen.

Außer diesem wellenartigen Verlauf ist da noch ein allgemeiner Progress in allen Bereichen des Lebens, der in den letzten etwa 150 Jahren explosionsartig gestiegen ist. Einige Beispiele: Die Zahl der Bevölkerung ist von etwa einer Milliarde, auf sieben Milliarden angestiegen. In dieser Zeit hat die Erde zwei Weltkriege, zuletzt mit dem Einsatz nuklearer Waffen erlebt. Die Entstehung der EU und das Aufkommen der Weltmächte USA, Russland und China gehört dazu. Eine enorm große Entwicklung im Bereich der digitalen Elektronik, die Flüge zum Mond und Mars, auch die erstaunliche Vernetzung der ganzen Welt durch das Internet sind in dieser Zeit zu verzeichnen. Unter dem Verschwinden der allgemeinen Moral und des Glaubens leidet die Menschheit zusehends. Auch die Bibel vermerkt diesen Progress für die Endzeit z.B. in Daniel 12,4 oder in Matthäus 24,12.

Sollte es im Sinne Gottes sein, über diese gigantischen Ereignisse des Endes, keine Zeitangaben gegeben zu haben? Es ist bekannt, dass eine erfüllte Prophetie erweckt und den Glauben stärkt. Sollte Gott diese Möglichkeit den Menschen vorenthalten, indem ER prophetische Zeiten seit 1844 nicht mehr gab? Bei einem Gott der Liebe, der nicht will, dass die Menschen den Glauben verlieren, wäre ein solches Handeln nicht denkbar (Lukas 18,8). So müsste man zugeben, dass diese obige Deutung der Stelle aus Offenbarung 10,6 nicht stimmt! Ein markantes Beispiel unterstürzt diese Beurteilung:

Im Buch Daniel sind drei datierte prophetische Zeiten angegeben: Die Zeit von 2.300, 1290 und 1335 Jahren. Es wird gelehrt, dass alle diese Zeiten am 22.10.1844 beendet sind. Doch dies kann nicht stimmen, wenn man den Vers in Daniel 12,12 verstehen will: „Glücklich, (wohl dem) wer ausharrt und 1.335 Tage erreicht!“

Sollten sich diese Prophetien im Jahre 1844 erfüllt haben, dann war damals nichts Erfreuliches oder Wohltuendes geschehen, das hätte glücklich machen können. Im Gegenteil: Diese Zeit war eine gigantische geistliche Tragödie im Leben der Adventgläubigen. Allein in der Umgebung von William Miller, dem Hauptverkündiger der Zeit über den 22.10.1844, sind nach der großen Enttäuschung von 50.000 Adventgläubigen nur 50 übrig geblieben, die weiterhin an den Advent glaubten.

Von welcher Zeit spricht der anfangs angegebene Vers dann? „Es wird keine Zeit mehr sein!“ Um nicht eine falsche Spur verfolgen, muss dieser Satz im strengen Kontext des ganzen Kapitels betrachtet werden.

„Und ich sah einen anderen starken Engel vom Himmel herabkommen, mit einer Wolke bekleidet, und der Regenbogen auf seinem Haupt und sein Antlitz wie die Sonne und seine Füße wie Feuersäulen. Und er hatte in seiner Hand ein Büchlein, das war aufgetan. Und er setzte seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde, und er schrie mit großer Stimme, wie ein Löwe brüllt. Und als er schrie, erhoben die sieben Donner ihre Stimmen. Und als die sieben Donner geredet hatten, wollte ich es aufschreiben. Da hörte ich eine Stimme vom Himmel sagen: Versiegle, was die sieben Donner geredet haben, und schreib es nicht auf! Und der Engel, den ich stehen sah auf dem Meer und auf der Erde, hob seine rechte Hand auf zum Himmel und schwor bei dem, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, der den Himmel geschaffen hat und was darin ist und die Erde und was darin ist und das Meer und was darin ist: Es soll hinfort keine Zeit mehr sein, sondern in den Tagen, wenn der siebente Engel seine Stimme erheben und seine Posaune blasen wird, dann ist vollendet das Geheimnis Gottes, wie er es verkündigt hat seinen Knechten, den Propheten.“ (Offenbarung 10,1-7 Luther)

Diese Botschaft von der zu Ende gehenden Zeit bringt ein starker majestätischer Engel. Er flüstert nicht, auch spricht er nicht laut – sondern er schreit wie ein Löwe! Diese Merkmale deuten auf eine sehr ernste Botschaft hin. Eine wichtige Angabe im Text hat der Regenbogen, der sein Haupt schmückt. In der biblischen Theologie ist der Regenbogen ein Symbol für die Gnade Gottes. Das lässt erkennen, dass dieser Engel in einer Zeit der noch andauernden Gnade Gottes erscheint.

In einigen Bibelübersetzungen steht statt Zeit, das Wort Frist, Aufschub oder Verzug. Das Griechisch-deutsche Wörterbuch von Walter Bauer benutzt für den Vers in der Offenbarung 10,6 die Worte Frist und Aufschub. (S. 1.770)

So lautet der Satz in anderen Übersetzungen: „Es wird hinfort kein Verzug, (Aufschub, Frist) mehr sein. Sondern in den Tagen, wenn der siebente Engel sich anschickt (im Begriff ist) zu posaunen, da ist vollendet der geheime Ratschluss Gottes wie ER ihn seinen Knechten, den Propheten, als frohe Botschaft kundgetan hat.“ (Interlinearübersetzung Griechisch-Deutsch, Menge, Albrecht)

Die biblische Theologie versteht unter dem geheimen Ratschluss oder der Frohen Botschaft, das Ewige Evangelium von der Erlösung durch Jesus Christus. So ist der Abschnitt in Offenbarung 10, 1-7 ein weltweiter Lauter Ruf (Vers 3), bevor die Zeit der Gnade zu Ende gehen wird.

In dem obigen Abschnitt ist ein wichtiger Punkt zu beachten. Das Ende der Gnadenzeit kommt nicht zum Abschluss während des Posaunens des siebten Engels. Sie endet kurz davor. Dieser Hinweis gibt dieser Botschaft in Offenbarung 10 noch größeren Ernst.

Der obige Abschnitt beinhaltet noch eine weitere wichtige Botschaft. Dort heißt es, dass dieser Engel in seiner Hand ein geöffnetes Büchlein hatte. Was für ein Büchlein könnte es sein? Wieder hilft hier der Kontext. Der ganze Abschnitt beschäftigt sich mit einer bestimmten Zeit. Aussagen, die mit einer Zeit verbunden sind, gehören in der Bibel zum Bereich der Prophetie. Das bedeutet, dass der Inhalt des Büchleins die Prophetie sein muss.

„Und die Stimme, die ich vom Himmel gehört hatte, redete abermals mit mir und sprach: Geh hin, nimm das offene Büchlein aus der Hand des Engels, der auf dem Meer und auf der Erde steht! Und ich ging hin zu dem Engel und bat ihn, mir das Büchlein zu geben. Und er sprach zu mir: Nimm und verschling’s! Und es wird dir bitter im Magen sein, aber in deinem Mund wird’s süß sein wie Honig. Und ich nahm das Büchlein aus der Hand des Engels und verschlang es. Und es war süß in meinem Mund wie Honig, und als ich’s gegessen hatte, war es mir bitter im Magen. Und mir wurde gesagt: Du musst abermals weissagen von Völkern und Nationen und Sprachen und vielen Königen.“ (Offenbarung 10,8-11)

Bevor die Gnadenzeit das Ende erreicht, kommt es mit lautem Rufen zur Wiederholung der Adventbotschaft der drei Engel aus dem Kapitel 14 der Offenbarung. Obwohl prophetische Botschaft süß wie Honig ist, kann sie später auch bitter sein, wie z.B. bei der großen Enttäuschung im Jahre 1844.

Fazit: Der Satz: „Es wirt hinfort keine Zeit mehr sein“, spricht nicht über irgendein bestimmtes prophetisches Datum, sondern davon, dass es nach dem Erklingen der siebten Posaune keinen Aufschub oder Verzug der Gnadenzeit mehr geben wird. Aber in Seiner großen Liebe, die keinen Gefallen am Tod eines Sünders hat, schickt Gott rechtzeitig die allerletzte Warnungsbotschaft der zu Ende gehenden Gnade. Um diese Zeit zu erkennen, ist es wichtig, die Geschichte der Welt auch im Licht der sieben Posaunen zu verfolgen!

Ein wichtiger Hinweis:  Im siebten Vers erscheint ein Engel, der als der Siebte bezeichnet wird und der mit einer Posaune in der Hand bereit ist zu blasen, um damit das Ende der Gnadenzeit kund zu geben.

Der Engel, der die Botschaft vom Ende der Gnadenzeit verkündigt, gehört zu den sieben Engeln mit Posaunen aus dem Buch der Offenbarung, die eine besondere Weltgeschichte begleiten. Wenn der siebte Engel das Ende der Gnadenzeit verkündigt, ist es offensichtlich, dass wir in der Zeit der sechsten Posaune leben. Deshalb ist es sehr ratsam, den Text der sechsten Posaune sorgfältig zu studieren, denn dort sind wichtige Informationen für unsere Zeit. Sie erstreckt sich von Kapitel 9,13 bis Kapitel 11,19.

In Kapitel 10 befindet sich noch ein merkwürdiger Befehl. In der Zeit des lauten Rufes des siebten Engels erschallen sieben Donner mit einer Botschaft, die der Seher nicht aufschreiben durfte. Weil der Engel vom Ende der Gnadenzeit spricht, ist es denkbar, dass in dem Donnern, was vor 2.600 Jahren geschah, das genaue Datum der Wiederkunft des Herrn Jesu preisgegeben wurde, was die Menschen damals nicht wissen durften.

PS. Wenn in der siebten Posaune das Ende der Gnadenzeit verkündigt wird, dann sind die vorigen Posaunen alarmierende Warnsignale für eben diese Zeit des Endes, in der keine Bekehrung mehr möglich sein wird. Dieser Hinweis ist sehr hilfreich, um die gesamte Botschaft der sieben Posaunen richtig einzuordnen und zu verstehen.