Aus Dankbarkeit

Dankbarkeit ist etwas, das Gott von Anfang an in die Gene und Gemüter Seiner Geschöpfe eingepflanzt hat. Schon ein kleines Kind, das noch nicht sprechen kann, geschweige denn von irgendeiner Kultur berührt war, drückt ohne Worte durch sein freudiges Zappeln und Lächeln „Dankbarkeit“ aus, wenn seine Mutter mit ihm kuschelt. Ebenso kann bei den Tieren auf verschiedene, oft rührende Weise, Dankbarkeit beobachtet werden. Ein Mensch kann seine Dankbarkeit in Worten, Lobliedern, Opfergaben, feierlichen Versprechen, ergebener Liebe usw. bekunden. Vielfältige Beispiele der Dankbarkeit sind auch in der heiligen Schrift – der Bibel – nachzulesen.
Dankbarkeit hat nur dann ihren wahren Wert, wenn sie aus freiwilligen Herzen kommt; eine erzwungene wird schnell erkannt und kaum geschätzt. Allzu oft müssen Eltern ihre Kinder zwingen, sich zu bedanken; aber je mehr sie gezwungen werden, desto öfter verschließen sie sich noch mehr. Nicht selten entsteht eine peinliche Stimmung, sowohl für das Kind als auch für die Eltern, wenn eine andere Person dabei ist. Weil ein Kind nicht sofort versteht, warum es dankbar sein sollte, müssen es ihm seine Eltern wiederholt anordnen, es nicht selten dazu zwingen. Es ist normal, dass, wie vieles Andere, Kinder auch Dankbarkeit erlernen müssen – oft mühsam.
Mit der Zeit begreift ein Kind immer mehr diese Kultur und Sitte mit dem Verstand; so kommt das „Zwingen“ immer seltener vor. Bei anhaltendem Erlernen kann sie letztlich das Herz des Kindes dauerhaft erreichen. Die Dankbarkeit ist dann weder erzwungen noch kommt sie aus dem Verstand; sie wird zum Bestandteil des Charakters. Man kennt viele Kinder, die diese Sitte schließlich mit viel Liebe und Freude erfüllen. Leider geht die Dankbarkeit, so wie andere natürliche Eigenschaften, mit der allgemeinen Degeneration verloren. Was anfangs selbstverständlich war, ist später, nicht nur bei vielen Kindern, sondern auch bei vielen Erwachsenen, abgedriftet. Im Weiteren werden wir dieses Thema der Dankbarkeit aus einem anderen Blickwinkel betrachten.

Segen oder Fluch?
Die angeborene Eigenschaft der Dankbarkeit ist zu einer Theologie erhoben worden. Man behauptet: Gott zwingt niemanden, Seine Gebote zu halten und straft das Missachten derselben nicht. Die Gebote Gottes, so behaupten diese Theologen, sind aus Dankbarkeit für die Erlösung in Christus Jesus freudig zu befolgen. Schauen wir uns diese Behauptung näher an.
Wie allgemein bekannt ist, geschieht nicht immer alles aus Dankbarkeit. Es gibt Dinge, die der Pflicht untergeordnet sind. Zu diesen Dingen gehört jegliches Gesetz. Man kann zwar im weiteren Sinne ein Gesetz auch aus Dankbarkeit halten. Zum Beispiel: Ich bin dankbar, dass es eine rote Ampel gibt, sonst wäre ich meiner Gesundheit, sogar des Lebens nicht sicher. Trotzdem bleibt diese Ampel ein eisernes Gesetz, das man nicht missachten darf, ohne dadurch sich selbst und die Anderen in ernste Gefahr zu bringen, sich sogar strafbar zu machen.

Die Bibel spricht vom Fluche des Gesetzes. Aber wie kann das Moralgesetz Gottes, ein Gesetz der Liebe, ein Fluch des Verderbens sein? Wie ist das zu verstehen? Jedes Gesetz trägt zwei elementare Komponenten in sich: Bei Befolgen – den Segen; bei Missachtung – den Fluch der Strafe.
Ein meisterhaftes Beispiel dieser Problematik ist die schwerwiegende Geschichte der ersten Menschen der Erde – Adam und Eva. Ihnen wurde ein Gesetz gegeben mit entsprechender Belehrung. „Und der HERR, Gott, gebot dem Menschen und sprach: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen. Vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse aber, von dem darfst du nicht essen, denn sobald du davon isst, musst du sterben.“ 1. Mo 3,16.17
Von Anfang an bekamen die Menschen nicht nur dieses eine Gebot in Verbindung mit dem verbotenen Baum, sondern das ganze Moral-Gesetz. Diese Kenntnis bekommen wir aus der Geschichte Kains und weiterer Menschen:
„Und es geschah … da brachte Kain … dem HERRN eine Opfergabe. Und Abel, auch er brachte. … Und der HERR blickte auf Abel und auf seine Opfergabe; aber auf Kain und auf seine Opfergabe blickte er nicht. Da wurde Kain sehr zornig … Und der HERR sprach zu Kain: Warum bist du zornig, … Wenn du aber nicht recht tust, lagert die Sünde vor der Tür. …“ (1. Mose,4,4-7)
Weitere Beispiele:
„Und der HERR sprach: Das Klagegeschrei über Sodom und Gomorra, wahrlich, es ist groß, und ihre Sünde, wahrlich, sie ist sehr schwer.“ (1. Mose 18,20)
„Da wurde Jakob zornig und stritt mit Laban. … Was ist mein Verbrechen, was meine Sünde, dass du so hitzig hinter mir her bist? (1. Mose 31.36)
„Jeder, der Sünde tut, begeht damit auch Gesetzlosigkeit, und die Sünde ist die Gesetzlosigkeit.“ (1. Johannes 3,4)
So wurde die Menschheit von Anfang an mit dem Moralgesetz Gottes bekannt gemacht. Dieses Gesetz und auch das Befolgen desselben war ihnen gegeben und wurde angeordnet, bevor sie Gnade oder Erlösung brauchten. Eine Aufforderung, dieses Gesetz aus Dankbarkeit zu befolgen, wäre ein schierer Unsinn. Welche Gesellschaft kann es sich leisten, für die Entstehung einer Anarchie freien Lauf zu geben? Das, was damals ein Unsinn wäre, gilt heute genauso. Man kann nicht behaupten, dass heute der Gehorsam Gott gegenüber aus Dankbarkeit oder einer Verbundenheit zu befolgen sei.
Es ist richtig, dass jedem Menschen freigestellt ist, ob er die Gebote Gottes befolgen oder missachten will. Es ist aber auch richtig, dass bei nicht-Befolgen der Gebote Gottes der Fluch der Sünde sicher kommen wird. Unzählige Beispiele aus jeglicher Geschichte beweisen es deutlich. Jeder kann es erfahren. Darüber zu reden ist der wichtige Weg dorthin. Sehr populär ist in solchen Fällen der Satz: „Satan hat mich verführt!“ – als wäre der Mensch ein Computer, den man durch Eintippen entsprechend reagieren lässt. Jeder Mensch hat sein „Ich“, für das er selbst verantwortlich ist.
Es ist gut, jeder Sache realistisch in die „Augen“ zu schauen: Angenommen, jemand ist gut erzogen worden, auch in Kleinigkeiten treu zu bleiben. Aber dann passiert es, dass er in einer winzig kleinen Sache untreu wird. Keiner hat es gesehen, keine schlimme Folge ist eingetreten, sogar eine ganz kleine Freude kam, dass es ihm gelungen ist. Weil es so winzig war, entstand nicht einmal ein Gedanke, dass es Sünde war. Unauffällig kam später die nächste „Kleinigkeit“; und die übernächste; und die weiteren folgen!
Man kann über diesen Prozess sagen: „Es gleicht einem Senfkorn. Das ist das kleinste aller Samenkörner, die man in die Erde sät. Aber wenn es einmal gesät ist, geht es auf und wird größer als alle anderen Gartenpflanzen. Es treibt so große Zweige, dass die Vögel in seinem Schatten nisten können.“ (Markus 4,31.32) Die Kameraden kommen und freuen sich mit – bejubeln den Erfolg. Das ist ein Bild davon, wenn das Moralgesetz klein geschrieben wird: wenn behauptet wird, dass die Gnade Gottes völlig ausreicht, um heilig gesprochen zu werden.
Diese Ausführungen hier sind keine Anliegen und Sachen des Glaubens. Sie sind offensichtliche Folgen dessen, wenn man glaubt, die Gnade ohne Befolgen des Moralgesetzes reicht aus, um als „heilig“ bezeichnet zu werden!

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